Vom Arbeitsweg zur Alpenüberquerung

Jens ist Radfahrer, extrem aktiver Radfahrer. Erst der Schulweg, dann Touren mit dem Crossrad und seit 2012 Mountainbikes. Räder gehören für ihn dazu. Fast jeden Tag fährt er mit dem Rad zur Arbeit, macht am Wochenende Touren und überquert auch mal die Alpen – wovon er neben seinen beeindruckenden Fotos auch spannendes zu berichten hat. Genau darüber haben wir uns mit ihm unterhalten.

Wo bist du hauptsächlich unterwegs?
Hauptsächlich in der Region um Potsdam. Da wir aber nicht mit Bergen gesegnet sind, zieht es mich immer wieder in den Harz und nach Thüringen, aber auch regelmäßig in die Alpen.

Wie kam dir die Idee zum Transalp? Ist ja doch etwas anderes als in deiner Heimat-Region.
Ich habe irgendwann mal einen Bericht im Internet gesehen und von einem Bekannten habe ich erfahren,  wie genial eine solche Tour ist. Da stand fest, ich fahre mit dem Mountainbike an den Gardasee.

Man plant ja vieles und hat viel vor. Was hat dir geholfen das Projekt Transalp wirklich durchzuziehen?
Kann ich dir gar nicht sagen. Die Tour wurde samt Anschlußurlaub gebucht, da gab es für mich kein zurück mehr.

Wie hast du dich darauf vorbereitet? Hast du speziell trainiert oder deine Ausrüstung angepasst?
Das war nicht so einfach. Alles fing im April mit einem Rückschlag an, bei der ersten Tour auf den Brocken wurde mein Bike gestohlen. Gerade frisch umgebaut, sollte es der erste Test werden, ein Neues habe ich dann erst Anfang Juli bekommen. Da ich ein Einzelfahrer bin, war mir nicht klar welchen Leistungsstand ich habe. Bedeutete für mich trainieren bis die Oberschenkel brennen. 2-3mal die Woche gehe ich ohnehin zum Sport, dann jeden Tag mit dem Rad zur Arbeit und jede zweite Woche eine intensive Tour in den Bergen.

Was hattest du alles dabei und wie hast du es transportiert?
Zum Glück war es eine organisierte Tour mit Gepäcktransport, so brauchte man nur das Tagesgepäck in einem 20-30l Rücksack mitführen. Darin befand sich Wechselkleidung, die Trinkblase, Verpflegung und wichtige Ersatzteile wie Schläuche, Bremsbeläge usw.

Wie war der Transalp organisiert? Wer war dabei?
Es waren zwei Gruppen, Light mit 5 Mann und Medium mit 6 Mann. Täglich hätte man zwischen den Gruppen wechseln können, für mich kam die Light allerdings nicht in Frage.

Von wo nach wo seid ihr gefahren? Wie viele Etappen, wie viele Kilometer und wie viele Höhenmeter lagen vor euch?
Die Tour ging in Grainau bei Garmisch los und führte über Ehrwald, Ried, Glurns, Leifers, Molveno nach Torbole am Gardasee. Insgesamt waren es 6 Etappen mit ~450km und ~9500hm

Würdest du vor dem Start von Aufregung oder Vorfreude sprechen? Was waren eventuell Bedenken?
Aufregung, Vorfreude und Bedenken, es war alles dabei. 2010 hatte ich eine Bandscheibenvorfall und jedes Jahr so meine Probleme, da macht man sich schon Gedanken ob alles klappt. Dann überlegt man, wie wohl die Gruppe zusammengestellt sein wird. Gerate ich in eine Truppe, wo ich das fünfte Rad am Wagen bin oder sind alles Einzelfahrer? Und dann die Frage aller Fragen, halte ich 6 Tage im Sattel durch, bisher hatte ich nur 3 Tagestouren bestritten. Aber alle Aufregung war umsonst, es waren alles Einzelfahrer bzw. Pärchen, ja wir hatten auch 3 Frauen dabei. Mein Rücken hielt durch und die 6 Tage waren auch kein Problem.

Wie sah ein typischer Tag aus?
Etwas anders als der Tag der Light-Gruppe. Aufstehen ~ 06.30Uhr, Frühstück ~ 07.30Uhr, Bike-Pflege und Start ~ 08.30Uhr. Am Tage immer wieder Trinkpausen und zum Mittag ein Picknick im Freien. Ankunft im Hotel so gegen 19.00Uhr, Abendbrot ~ 19.30Uhr und gegen 23.00Uhr in die Falle.

Wie wart ihr untergebracht?
Meist in ordentlichen 3 Sterne Hotels. Allerdings nur einmal mit Sauna, die hätte ich mir öfter gewünscht. Ansonsten völlig ausreichend.

Welcher war der härteste Tag? Anstrengung, Unfälle, Pannen?
Ein Punkt der mich doch sehr überrascht hat. Wir hatten keine Unfälle und bis auf einen schleichenden Plattfuß keine Pannen. Anstrengend war es schon, wir hatten teilweise bis zu 35°C. Unser härtester Tag war meiner Meinung nach mit 10h, 120km und 1600hm der 4.Tag. Der Anstieg zur Naturnser Alm dauerte alleine fast 3h, aber man wurde mit einem Top-Panorama belohnt.Tag 4 Glurns-Leifers (kleiner)

Hast  du bereits unterwegs die vielen Kommentare zu deinen Transalp-Aufzeichnungen gesehen? Über welchen hast du dich besonders gefreut?
Wir haben jeden Abend versucht sofort W-Lan Zugang zu bekommen, da habe ich alles hochgeladen und sofort die Reaktionen mitbekommen. Habe mich über alle Kommentare sehr gefreut, ist irgendwie doch ein Stück Anerkennung für das Geleistete.

Welches Teil der Ausrüstung würdest du das nächste Mal zuhause lassen? Was die Ausrüstung betrifft, bin ich eher ein Minimalist und ich bin bei der Tour auch ganz gut damit klar gekommen. Sicher fehlt immer das eine oder andere Bekleidungstück, aber man ist ja bei einer solchen Tour nicht auf einer Modenschau. Allerdings kann man an Wechselsachen nicht genug mithaben, was bei einer Tour mit Gepäcktransport kein Problem ist. Ohne Gepäcktransport muss man da schon genau überlegen.

Welches Teil hat in deiner Ausrüstung definitiv gefehlt?
Da gab es bei mir keine Situation, ich hatte alles dabei. Eventuell beim nächsten Transalp noch eine Regenabdeckung für den Helm und eine bessere Regenhose. Ansonsten war ich gut vorbereitet.

Welche Anekdote könntest du ohne den Transalp nicht erzählen?
Hunderte, zB. hatte Günter aus meiner Gruppe panische Platzangst in der Uina-Schlucht. Er hat sich aber durchgebissen und es nicht bereut. Andreas aus der Light-Gruppe ist am 5.Tag in unsere Gruppe gewechselt. Bei 35°C riss er sich die Sachen vom Körper und sprang völlig kaputt in einen öffentlichen Brunnen. Ein Bild für die Götter, aber in Italien verboten. Zum Glück gab es keinen Ärger.

Den Transalp kannst du auf deiner Checkliste abhaken. Was planst du als nächstes?
Ach abgehakt ist die Transalp nur auf dem Papier, da werden sicher noch andere Varianten folgen. Geplant ist kommendes Jahr erstmal nur der Harz, der Schwarzwald und Südtirol. Ich würde aber auch gerne mal auf Mallorca oder den Kanaren einige Touren machen.

Was ist dein absoluter Outdoor-Traum?
Da ich auch Ski fahre, würde ich gerne einmal einen Winterurlaub in den Rockies verbringen und Heliskiing machen.

Wir bedanken uns bei Jens für das Interview und die tollen Fotos. Zum Abschluss haben wir noch alle seine Transalp-Aufzeichnungen zum Anschauen aufgelistet:

Tag 1: Grainau – Ehrwald
Tag 2: Ehrwald – Ried
Tag 3: Ried – Glurns
Tag 4: Glurns – Leifers
Tag 5: Leifers – Molveno
Tag 6: Molveno – Torbole

Ⓒ Alle Fotos von Jens Dames